Die beiden Grünen Landtagsabgeordneten Sarah Hagmann und Niklas Nüssle hatten kürzlich Gelegenheit, sich mit Menschen auszutauschen, die von psychischen Krisen und Erkrankungen betroffen sind: Gisela Reinert von der Selbsthilfegruppe für Angehörige Psychisch Kranker, Bernd Manz von der LOTUS-Selbsthilfe- und Übungsgruppe in seelischen Krisen Lörrach, Berthold Bausch von der Selbsthilfegruppe „Seelische Gesundheit“ in Hausen und Silvia Schwender nahmen an dem Gespräch teil.
Ihnen ist es besonders wichtig, sichtbar zu machen, dass psychische Krisen und Erkrankungen sowie die Mitbelastung der Angehörigen viele Menschen in der Gesellschaft betreffen, dass sie also keine kleine Minderheit sind: Denn in Deutschland erkranken nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde jedes Jahr rund 28 Prozent der erwachsenen Bevölkerung an einer psychischen Erkrankung. Deshalb ist ein gesamtgesellschaftlicher Kulturwandel notwendig, der sich auch in der medizinischen Versorgung mit ausreichenden Notfalldiensten und ambulanten Angeboten widerspiegeln muss.
Aus Sicht der Betroffenen ist es noch ein weiter Weg, sowohl was die Akzeptanz der Gesellschaft gegenüber psychisch Erkrankten als auch die Sicherstellung der seelischen Gesundheitsversorgung betrifft. Die Teilnehmenden sprachen sich vor allem für eine Stärkung der ambulanten Versorgung aus, sei es in Form von so genanntem Hometreatments oder einer stationsäquivalenten Behandlung zu Hause. Sie hoffen sehr, dass dies im Rahmen der geplanten Psychiatrischen Institutsambulanz im neuen Zentralklinikum aufgegriffen wird. Auch das Facharzt- und Psychotherapeuten-Angebot, die sozialpsychiatrischen Dienste und die Notfallversorgung müssten entsprechend dem stark gestiegenen Bedarf ausgebaut werden.
Die Selbsthilfe-Aktiven baten die Politiker, in Landtag und Landesregierung sich dafür einzusetzen, dass die erfolgten Finanzkürzungen für ambulante Dienste zurückgenommen werden und dass das Land Baden-Württemberg keine ihm zustehenden Bundesmittel nach dem Psychisch-Kranken-Hilfegesetz mehr ungenutzt an andere Länder weitergibt. Ebenso brauche es politische Initiativen für Gesetzesänderungen, damit die Bedarfsplanung für die fachärztlichen- und psychotherapeutischen Sitze statt wie bisher an den Bevölkerungszahlen an den seit Jahren stark steigenden medizinischen Fallzahlen ausgerichtet wird.
Sarah Hagmann und Niklas Nüssle: „Es beeindruckt uns sehr, wie sich Betroffene auch in einer herausfordernden Lebenssituation für ihre Sache einsetzen. Wir dürfen Menschen mit psychischen Erkrankungen aber nicht alleine lassen, deshalb muss die psychotherapeutische Versorgung insbesondere im ländlichen Raum verbessert und die Schnittstellen zur Beratung und Prävention gestärkt werden.“ Sie sagten daher zu, die angesprochenen Punkte, die das Land betreffen, mit in ihre Arbeit nach Stuttgart zu nehmen.